Nachdem wir in Teil 1 auf die ersten fünf Automatisierungstrends einen Blick geworfen haben, gehen wir nun auf die weiteren Trends (6 bis 10) ein, die Sie kennen müssen, um die Dynamik der Automatisierung zu verstehen – und was diese für Sie und Ihr Unternehmen bedeutet.
Trend Nr. 6: „Semantische Automatisierung“ revolutioniert RPA
In diesem Jahr macht die Branche für RPA-Software große Fortschritte bei der Einführung von KI (Künstliche Intelligenz), um die Automatisierung schneller, einfacher und stabiler als je zuvor zu machen.
Bisher müssen Automatisierungsentwickler den Robotern Schritt für Schritt sagen, was sie tun sollen: „Hierher bewegen, dies öffnen, das extrahieren, dorthin ablegen…“. Selbst in Drag-and-Drop- und Low-Code-Umgebungen kann die Erstellung einer komplexen Automatisierung also sehr schwierig sein.
Mit „semantischer Automatisierung“ können Entwickler jedoch von regelbasierten Ansätzen abrücken. Semantische Software-Roboter werden in der Lage sein, eine Aktivität einfach zu beobachten und sie ohne Schritt-für-Schritt-Anweisungen zu emulieren. Sie erkennen den Prozess, verstehen, welche Daten erforderlich sind, und wissen, wo sie diese Daten erhalten und wohin sie sie verschieben müssen. Entwickler – oder sogar Anwender – werden in der Lage sein, die Automatisierungsentwicklung zu initiieren, indem sie die Roboter einfach auffordern, eine Aufgabe auszuführen oder einen Arbeitsablauf abzuschließen.
Es ist sicherlich nicht übertrieben zu behaupten, dass die semantische Automatisierung das Potenzial hat, die Branche zu revolutionieren, die Zeit der Entwickler zu entlasten, die Automatisierung weiter zu „demokratisieren“ und ihre Skalierung noch einfacher zu machen.
So hat beispielsweise der Automatisierungsspezialist UiPath im vergangenen Jahr bereits die ersten Hürden genommen und grundlegende Fortschritte in den Bereichen KI, Dokumentenverständnis und Computer Vision erzielt. Für das Jahr 2022 (und darüber hinaus) hat das Softwareunternehmen aus New York die Integration weitere KI und ML (Maschinelles Lernen) -Entwicklungen in die eigene Plattform für die Robotic Process Automation angekündigt. Ein Beispiel ist die neue UiPath „Forms AI„, die sich in der öffentlichen Vorschau befindet. Es handelt sich um ein semantisches, automatisiertes Dokumentenverständnis. Sie müssen nicht mehr für jeden neuen Dokumententyp eine Vorlage definieren. Der Roboter kann dank des ML-Modells im Hintergrund Daten aus den Feldern eines neuen Dokumententyps verstehen und extrahieren, die er noch nie zuvor gesehen hat. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie sich Roboter von „Sehen, Denken, Handeln“ zu „Sehen, Denken, Handeln und Verstehen“ weiterentwickeln werden.
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Trend Nr. 7: Der Wunsch nach Flexibilität bei den Bereitstellungsoptionen treibt die Innovation der Cloud-basierten IT-Architektur voran
Containerisierung und Cloud Native werden zum Standard für die Bereitstellung von Software as a Service (SaaS) und Nicht-SaaS-Lösungen.
Es ist vielleicht nicht der fesselndste Aspekt des Automatisierungsmarktes, aber die Bereitstellung ist oft ein entscheidender Faktor bei der Kaufentscheidung für eine Plattform. Und wenn es heute um die Wahl einer Automatisierungsplattform geht, verlangt der Markt zunehmend nach mehr Flexibilität und weniger Bindung an ein bestimmtes Bereitstellungsmodell. Dies wiederum spornt die Unternehmen der Automatisierungstechnik an, Plattformen zu entwickeln, die mit minimalen Umwälzungen und Unterbrechungen von SaaS bis hin zu On-Premises-Lösungen bereitgestellt werden können und die reibungslose Übergänge zu neuen Bereitstellungsmodi ermöglichen.
Für viele Unternehmen der Automatisierungstechnik bedeutet dies, dass sie Cloud-native Architekturen einführen, die Containerisierung und Microservices nutzen. Diese modernen Technologien ermöglichen es ihnen, dieselben Funktionalitäten und Fähigkeiten bereitzustellen, unabhängig davon, wie oder wo der Kunde seine Plattform betreiben möchte. Die Kunden müssen sich keine neuen Kenntnisse aneignen oder ihre Betriebsverfahren und -umgebungen grundlegend ändern, falls sie sich in Zukunft für einen anderen Bereitstellungsmodus entscheiden. Und Kunden, die die Plattform vor Ort nutzen, profitieren von größerer Flexibilität, Aktualität und Einfachheit bei der Aktualisierung oder Erweiterung ihrer Installationen.
Im Jahr 2022 werden noch mehr Innovationen bei der Gestaltung und Paketierung von Plattformen zu erwarten sein. Die Innovationen werden sich darauf konzentrieren, den Aufwand für die Installation, Verwaltung und Aktualisierung von Plattformen weiter zu minimieren und die Gesamtbetriebskosten für jeden Bereitstellungsmodus zu senken.
Trend Nr. 8: Automatisierung findet einen neuen Verfechter in der Führungsetage: den Chief Sustainability Officer
Green IT, Technologiejobs für benachteiligte Menschen und mehr: Chief Sustainability Officers arbeiten mit CIOs (Chief Information Officers) zusammen, um die Kraft der Automatisierung für das Allgemeinwohl zu nutzen.
Im März 2021 war die Zahl der Chief Sustainability Officers (CSOs) in den Fortune-500-Unternehmen auf 95 gestiegen, wobei fast ein Drittel von ihnen allein im Jahr 2020 hinzukam.
Diese neuen Unternehmensverantwortlichen suchen nach Möglichkeiten, ihre Aufgaben effizient zu erfüllen, und viele von ihnen entdecken, dass technologiebasierte Lösungen wie Automatisierung dabei helfen können. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Chief Sustainability Officers zunehmend eine enge Zusammenarbeit mit CIOs eingehen, um ihre Unternehmen nachhaltiger zu gestalten. In einer kürzlich von Gartner durchgeführten Umfrage* gaben mehr als 85% der befragten CIOs an, dass sie an den Nachhaltigkeitsinitiativen ihrer Unternehmen beteiligt sind.
Obwohl die Automatisierung keineswegs der einzige technologische Pfeil im Köcher von CSOs und CIOs ist, ist sie ein mächtiger Pfeil. So können beispielsweise automatisierte Prozesse zur Abschaltung von Rechenzentren in Zeiten geringer Nutzung den Stromverbrauch von Unternehmen erheblich senken. Durch den Betrieb einer effizienteren Infrastruktur konnte beispielsweise die Softwareschmiede UiPath den jährlichen Cloud-Computing-Verbrauch um 65% senken. Die Automatisierung und Digitalisierung der Rechnungsstellung, Vertragsabwicklung und anderer Papierflüsse kann den Papierverbrauch erheblich reduzieren. Automatisierte Prozesse sind entscheidend für die Überwachung der Abläufe und die Erfassung von Daten, die CSOs für die Berichterstattung und Einhaltung von Vorschriften benötigen.
Darüber hinaus macht es die Low-Code/No-Code-Umgebung von RPA für Menschen ohne tiefgreifenden technischen Hintergrund einfacher, sich als Entwickler ausbilden zu lassen – und ebnet so Menschen ohne Hochschulausbildung den Weg in technische Berufe.
Im Jahr 2022 – wenn mehr Chief Sustainability Officers in den Unternehmen platziert werden und die globale Dringlichkeit, den Klimawandel und andere Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) anzugehen, zunimmt – ist eine noch stärkere Fokussierung auf die Nutzung der Automatisierung zu erwarten.
Trend Nr. 9: HR-Teams bereiten sich auf ihre nächste große Herausforderung vor: die Verwaltung einer menschlich-digitalen Belegschaft
Chief Human Resource Officers (CHROs) stellen sich einen Arbeitsplatz vor, an dem Menschen und Roboter zusammenarbeiten, und planen ihn.
Die Arbeitswelt befindet sich in einer tektonischen Verschiebung. In den nächsten fünf Jahren werden hybride menschlich-digitale Arbeitskräfte an der Tagesordnung sein. Menschen werden Seite an Seite mit ihren virtuellen Roboterassistenten arbeiten, sich Aufgaben teilen, Arbeit abgeben und sie dutzende Male am Tag zurücknehmen.
Aber wie können Unternehmen von hier nach dort gelangen? Wie können sie zum Beispiel sicherstellen, dass die Mitarbeiter die Automatisierung annehmen und lernen, effektiv mit automatisierten Prozessen und digitalen Assistenten zu arbeiten? Wie können sie die Automatisierung stärker demokratisieren? Und wie können Unternehmen Angestellte, für deren weniger qualifizierte Tätigkeiten Roboter eingesetzt werden, am besten umschichten und auf die Übernahme neuer, höher qualifizierter Tätigkeiten vorbereiten?
Dies sind die entscheidenden Fragen, mit denen sich vorausschauende Personalleiter (HR-Manager) und ihre Teams im nächsten Jahr beschäftigen werden. Sie werden Mehrjahrespläne aufstellen, um vorherzusagen, wo Arbeitsplätze verloren gehen – und wo sie neu entstehen werden. Sie werden Pläne für Umschichtungen durchdenken und Upskilling, Reskilling und Neueinstellungen für die Zukunft entwickeln. Und sie werden ihre Mitarbeiter darin schulen, wie sie effektiv mit Automatisierung und Desktop-Assistenten arbeiten können.
In einer Welt, in der Unternehmensführungen prognostizieren, dass sie in den nächsten Jahren ein Drittel ihrer Belegschaft aufgrund neuer Automatisierungstechnologien umschulen müssen, wird die Personalabteilung eine zentrale Rolle dabei spielen müssen, ihren Unternehmen bei der Bewältigung dieser Veränderungen zu helfen.
Trend Nr. 10: Das Wachstum explodiert im gesamten Ökosystem der Automatisierung
Nicht nur die Automatisierungstechnik boomt, sondern auch alle Aktivitäten rund um sie.
Wenn es darum geht, die Größe und das Wachstum der Automatisierungsbranche zu messen, sind die Hersteller von Automatisierungstechnologien wirklich nur die Spitze des Eisbergs. Das Ökosystem um sie herum – die Anbieter von Software, Hardware, IT-Integrationsdiensten, kundenspezifischer Anwendungsentwicklung und Beratung, die die Leistung der Technologie freisetzen – ist in Wirklichkeit um ein Vielfaches größer. Und es wächst immer schneller.
Das ist eine gute Sache. Denn genau wie in der Natur ist ein gesundes Ökosystem ein Indikator für die grundlegende Stärke und Nachhaltigkeit der gesamten Automatisierungsbranche.
Das Marktforschungsunternehmen IDC prognostiziert, dass das Ökosystem rund um den RPA-Software-Anbieter UiPath im Jahr 2022 um 2,3 Milliarden US-Dollar (das sind 46%) gegenüber 2021 wachsen wird. Bis 2025 wird die Größe seines Ökosystems laut IDC auf 16,4 Mrd. US-Dollar ansteigen, was für die UiPath-Partner eine kumulative Chance von 51,2 Mrd. US-Dollar zwischen 2021 und 2025 bedeutet. Und das ist nur das UiPath-Ökosystem!
Kein Wunder also, dass IT-Unternehmen und -Dienstleister, Software- und Lösungsanbieter, Hardware- und Netzwerkspezialisten sowie Consultingunternehmen mit Begeisterung auf diesen Markt aufspringen. Accenture hat kürzlich angekündigt, in den nächsten zwei Jahren 10.000 Automatisierungsspezialisten einzustellen. Das eigene UiPath-Partnernetzwerk – zu dem auch die MLU Matthias Leimpek Unternehmensberatung bereits seit 2020 zählt – umfasst inzwischen 4.700 Partner und wächst weiterhin rasant.
Im Jahr 2022 werden wir ein weiteres Wachstum im gesamten Ökosystem erleben. Wir werden auch verstärkte Marketing-, Vertriebs- und Geschäftsentwicklungsbemühungen sehen, da die Teilnehmer des Ökosystems versuchen, den gesamten Automatisierungskuchen zu vergrößern – um auch ihren Anteil daran zu bekommen.
Das sind also unsere wichtigsten Prognosen für 2022. Wir sehen, dass die Automatisierung ihre Position als wesentliche Unternehmenstechnologie festigt – mit RPA im Zentrum. Wir sehen, dass sie in der Informatik ihre Rolle im Stack ausbaut. Sie findet neue Befürworter in der gesamten Führungsetage von Unternehmen. Sie bringt Innovationen auf den Weg, die Unternehmen verändern werden.
Im Jahr 2022 wird sich die Automatisierung in allen wichtigen Bereichen beschleunigen!
*Gartner, The Role of the CIO and Technology in the Enterprise Sustainability and ESG Endeavor, Worldwide, 2021, Simon Mingay, 09 August 2021